Jeanette Walls: Schloss aus Glas. Roman - Perlentaucher

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Jeannette Walls hat ihre Erinnerungen an ihre Kindheit aufgeschrieben und nimmt uns mit auf eine wilde Reise durch die USA.

Kommentare

    • Alexander Gravenhorst

      Diese Rezension gefiel mir besonders, auch wenn ich die im Buch geschilderten Geschehnisse selbst anders bewerten würde:

      Zwischen Faszination und Erschütterung

      Jill von Letterheart aus Berlin am 06.07.2018
      Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)

      Bereits vor dem Lesen hatte ich mich auf eine traurige Geschichte und gewiss keine leichte Kost vorbereitet, was mich aber dann erwartet hat, hätte ich nicht gedacht. Jeannette Walls hat mit Schloss aus Glas ihre Kindheit, ihre Familie und eine ganz eigene Lebensform in Worte gefasst, die ich ohne dieses Werk niemals begriffen hätte. Abgeschottet von gesellschaftlichen Regeln führen ihre Eltern ein Leben, das teilweise einem wilden Abenteuer gleicht, jedoch alles andere als sicher für sie und ihre Geschwister ist. Es gab so viele Szenen, die mich einfach erschüttert haben, ein Gewicht, das sich auf die Brust legt und einen nicht mehr richtig atmen lässt. Von Kindesgefährdung bis hin zu absoluter Vernachlässigung. Den berüchtigten Rex wollte ich einfach nur noch schütteln, von der Mutter fange ich lieber gar nicht erst an. Doch dann kamen auch wieder Situationen, die so unglaublich gefühlvoll und voller Liebe waren, dass man jegliche Schrecken kurzzeitig vergessen konnte. Denn wer geht mit seinen Kindern schon auf Dämonenjagd, um die gruseligen Gestalten unter dem Bett zu verjagen? Schenkt ihnen die Sterne und Planeten vom Himmel, um nie in Vergessenheit zu geraten? Oder möchte ihnen gar ein Schloss aus Glas, den ganz eigenen Palast bauen? Man hätte meinen können, dass sie sich vor lauter Erleichterung darüber, sich nicht gegenseitig umgebracht zu haben, wieder frisch ineinander verliebt haben. Doch leider überwiegen die negativen Momente und Aspekte des Lebens der Familie Walls. Jeannette und ihre Geschwister müssen viel zu früh Verantwortung für sich selbst übernehmen, leben unter furchtbaren Umständen und scheinen nie irgendwo anzukommen. Von einer Bruchbude in die nächste, ohne Essen, laufendes Wasser und einer Nachbarschaft, bzw. Mitbewohnern, bei denen jegliche Alarmglocken losgehen – erschaudern ist gar kein Ausdruck. Doch was passiert, wenn die Eltern ihr eigenes Wohl über das ihrer Kinder stellen? Wenn sie ihre Kinder „fordern“, um ihnen mehr Möglichkeiten im Leben zu bieten? Ab wann ist das alles nur eine reine Ansichtssache, eine Entscheidung der Erziehung und ab wann überschreitet es Grenzen? Wie diesen vier kleinen Knirpsen das Überleben gelungen ist, stellt sich für mich schon als ein Wunder heraus. Wieviel im Kopf eines kleinen Menschen vor sich gehen kann, was für Entwicklungen durchgemacht werden und zu welchen Erkenntnissen sie kommen ist einfach erstaunlich. Die mit Abstand interessanteste und bewegendste Biografie, die ich je gelesen habe. Die Autorin hat es geschafft, dass ich das Gefühl hatte, meinen eigenen Empfindungen nicht mehr zu trauen.

      FAZIT Schloss aus Glas bietet eine Geschichte, wie ich sie niemals erwartet hätte. Ein Leben, das wild und ungezähmt ist, mich fasziniert und gleichzeitig erschüttert hat. An manchen Stellen wusste ich nicht recht, ob ich lachen oder weinen sollte. Weiterlesen, um zu erfahren, was aus Jeannette geworden ist, oder das Buch zuschlagen, aus Angst, dass es mir nicht gefallen könnte. Ein erstaunliches Lebenswerk, das ich jedem nur empfehlen kann. Eine Geschichte, die einem die Augen öffnet und eine Weitsicht bietet, die einem sonst wohl verwehrt bleibt.