Beispiel für gut(?) funktionierende Verwaltung

Wie ich es diese Woche erlebt habe... - original vom 26. Mai 2011

Die Stadt Bonn bietet ein sehr gutes Internetportal, mit wirklich guten Informationen zu allen Themen, einem thematisch konfigurierbaren Stadtplan und allem, was man sich so von einer Stadtverwaltung wünscht! siehe www.bonn.de

Ich hatte nach Informationen zur Regenwasserversickerung gesucht, der Suchbegriff »Regenwasser« bringt auch sofort als erstes Ergebnis die Seite zur Regenwasserversickerung, letztes Update 2008. Eine als Download verfügbare Broschüre gibt es meistens auch ausgedruckt bei den Bezirksrathäusern. Für meine Schwiegermutter wollte ich eine solches gedrucktes Faltblatt abholen.

1. Station Bezirksrathaus Bonn-Beuel 08:05h: Die Dame an der Information ist sehr freundlich, kommt hinter ihrem Schalter hervor und durchsucht mit mir den Ständer mit Faltblättern, da sie von dieser Broschüre noch nichts gehört hat. Wir finden nichts. Sie geht in ihr Hinterzimmer und sucht auch dort noch einmal, wieder nichts. Sie gibt mir den Rat, doch ins zentrale Stadthaus zu gehen, wo die gesamte Verwaltung der Stadt Bonn sitzt.

2. Station Stadthaus Bonn 08:18h, Infoschalter: „Ich suche das Faltblatt zur Regenwassernutzung.” „Wir haben hier nur die Kulturinformationen, aber versuchen Sie es doch mal beim Tiefbauamt, das ist im Nebengebäude, da müssen Sie dort raus, an der Metallpyramide vorbei und dann rechts den Eingang nehmen.” Die Beschreibung ist zwar nicht so genau, auch an dem Eingang steht nichts vom Tiefbauamt, sondern was über eine Bibliothek, aber freundliche Angestellte, die vor der Tür zum rauchen stehen (wie gut, dass es Raucher gibt) sagen mir, es sei der richtige Eingang, Tiefbauamt mit dem Aufzug in den sechsten Stock. Gesagt, getan, im Aufzug auf dem Weg zum 6. Stock lese ich die Beschriftung an den Tasten, wo aber die Abteilung Wasser des Tiefbauamts im 1. Stock ausgeschildert ist.

3. Station Nebengebäude 08:25h, 1. Stock: Am Eingang zum Großraumbüro ist ein Übersichtsplan mit Namen und Aufgaben, sowie ein Infoständer mit vielen Faltblättern - das gesuchte ist leider nicht dabei. Die Schreibtische, die als "Information" gekennzeichet sind, sind alle unbesetzt. Ich spreche einen Herrn an, der gerade hereinkommt. Er sagt mir, der gesuchte Kollege müsse gleich kommen, noch während er spricht, kommt derjenige durch die Tür! Auf Hinweis des Kollegen, er könne mir doch das Faltblatt farbig ausdrucken, ist er auch bereit dazu. Leider muss er dazu erst mal seinen Computer einschalten, die Zeit nutzt er, um sich Wasser für einen Tee zu erhitzen (nein, nicht um mir einen anzubieten, sondern für sich, wir haben doch keine arabische Gastfreundschaft). Der Computer ist hochgefahren, er kann sich anmelden, der Computer braucht weitere Minuten, bis Programme gestartet werden können, also wird jetzt das Teewasser geholt und der Teebeutel in den Becher gehängt. Ich erkläre noch mal, was ich bereits auf der Website gefunden habe. Er meint, er sei nicht zuständig, würde sich dafür aber auch interessieren, findet die Broschüre elektronisch und druckt sie mir aus. Außerdem schreibt er mir auf, wer eigentlich zuständig ist, laut Aussage der Website eine Frau XY in Etagenbüro 9A.

4. Station Stadthaus Bonn 08:34h, Infoschalter: Wo komme ich zum Etagenbüro 9A? - Nehmen Sie den Aufzug dort hinten! Aufzug kommt sofort, bringt mich auf Etage 9

5. Station Stadthaus Bonn 08:36h, Etage 9: Die Infotafel am Büro 9A hat keinen Namen Frau XY drauf. Ich spreche eine der wenigen Angestellten, die ich dort sehe, an, die mir mitteilt, Frau XY sei in das Büro 8A umgezogen.

6. Station Stadthaus Bonn 08:38h, Etage 8: Die Infotafel am Büro 9A hat den Namen Frau XY, aber am angegebenen Platz sitzt niemand. Ein freundlicher Herr spricht mich an, ob er mir helfen könne. Ja, Frau XY sei nicht da, aber er könne mich an ihren Kollegen verweisen, der wisse bestimmt, wo die Faltblätter seien. Beide gehen mit mir zu einer Ablagefläche in der Mitte des Großraumbüros. Dort liegen nicht nur die gesuchte Broschüre, sondern auch noch zwei andere mit weiterführenden Informationen. ICH BIN AM ZIEL!

Und die Moral von der Geschichte: Eine gute Internetseite ist am hilfreichsten und am schnellsten. Die Informationen dort hätten mich auch schneller zur 4. Station gebracht. Alle Angestellten waren freundlich und hilfsbereit! Jede/r hat mir eine Information gegeben, die mich ein Stückchen weiter gebracht hat. Keine/r hat sich - ohne Aufforderung - so bemüht, dass ich sofort ans Ziel gekommen wäre.

Aber: ich bin mir sicher, in vielen Ländern träumt man von einer so gut organisierten Verwaltung, oder? Wie sähe so ein Ablauf in anderen Ländern aus? Geht das in Entwicklungsländern einfacher, weil man sowieso keine Genehmigung zur Versickerung von Regenwasser auf dem Grundstück braucht???